Unique Content oder nichtssagender Text?

Blindtext vom Texter. Und Sie blicken durch.

Sehr gut, Sie lesen. Alles, was jetzt noch kommt, ist Blindtext. Nichts als Blindtext. Es erwartet Sie also nichts weniger als das Nichts. Ein kluger Kopf hat einmal getextet, Blindtext sei Text, wo nichts bedeutet. Das finde ich – ganz unter uns gesagt – ziemlich treffend formuliert. Besser lässt sich wohl kaum sagen, was Blindtext im Ganzen ausmacht – oder eben nicht.

Auch sinnloser Inhalt ergibt Sinn.

Formal gesehen ist Blindtext jener Text, den Gestaltende einsetzen, wenn sie noch nicht den richtigen Text zum Gestalten haben. Wer etwas layoutet, muss den Schreibenden vorgeben, wie gross die Textmenge ist, die sie texten können. Der Texter darf dann den Blindtext copypasten. So wird sichtbar, wie viele Zeichen ohne Inhalt mit Inhalt zu füllen sind. Blindtext gibt also sozusagen die Substanz für Inhalt vor. Kein Wunder, verblödet die Welt.

 

Blindtext kann alles sein.

Eine Schlagzeile, eine Bildlegende, ein ganzer Prospekt, ein politisches Statement. Blindtext passt immer. Auch als Kommentar, als Brief, als Website. Oder als Gebrauchsanweisung. Wobei: Hier zeigt sich ziemlich schnell, dass es im Fall dann nur Blindtext ist. Weil, nur von Blindtext angeleitet, kann niemand die Senderreihenfolge im Fernseher ändern, ein Rezept nachkochen oder irgendeinen Doktor machen. Weil im Blindtext prinzipiell nichts steht. Einfach nichts. Nix. Nada. Niente. Nothing.

 

Doch was macht einen Text eigentlich zum blinden?

Was sieht er nicht, was erkennt er nicht, oder was kann durch ihn nicht erkannt werden? Steht denn gar nichts drin im Blindtext, auch kein Wort zwischen den Zeilen? Muss da immer wieder – ach wie ermüdend – immer wieder «The quick brown fox jumps over the lazy dog» stehen oder zur puren Unterhaltung auch mal «Gallia omnia divisa est in partes tres»?

 

Das macht Blindtext auch nicht sympathischer. Aber verdient hat das der Ärmste ja nun wirklich nicht. Schliesslich arbeitet die ganze Welt mit Blindtext. Jeden Tag. So scheint es zumindest, wenn man all dieses nichtssagende Gebrabbel, sinnleere Geschwafel und doofe Gesabber zu verstehen versucht, das sich pausenlos online und offline über uns alle ergiesst – komplett ohne Inhalt. Blindtext halt.

 

Macht sich der Texter da zu viele Gedanken?

Oder hat der Rest der schreibenden Gilde den Durchblick verloren? Sieht alles ganz anders aus, weil Stevie Wonder seine Finger im Spiel hat, wenn Blindtext angesagt ist? Oder hatte der andere blinde Afroamerikaner (darf man das überhaupt heute noch so sagen und erst noch in einem Blindtext?), Ray Charles, genau Ray Charles, der ebenfalls ohne Augenlicht so einiges erkannte, hatte er eine Vision?

 

Ich glaube, als Texter verliere ich langsam den Überblick vor lauter Blindtext. Wie auch immer: Was wäre unser Leben ohne Blindtext? Und was können wir von Blindtext alles lernen? Hier sind existenzielle Antworten gefragt, keine blinden Texte. Darum schnell weg aus diesem philosophischen Minenfeld, bevor das Wesentliche noch ganz aus den Augen verschwindet. Nämlich der Blindtext.

 

Was solls. Blindtext ist Blindtext. Und damit Pasta.

Genau, denn Blindtext könnte auch auf einer Zahnpastatube stehen. Diesen technisch-chemisch aufbereiteten Inhalt liest eh keine Sau. Wer kann denn schon eine 4-Punkt-Schrift ohne Lupe entziffern? Nicht einmal Blinde mit dem besten Willen oder Sehende mit einem Nachtsichtgerät.

 

Der Schreiber kann längst nicht mehr alles entziffern.

Ab einem gewissen Alter sieht man einfach alles etwas anders. Oder alles etwas weniger gut. Nicht dass ich am Erblinden wäre. Nein, im Gegenteil: Mir scheint, ich sehe immer mehr. Die Augen werden zwar schneller müde, der Blick wird dann und wann glasig, aber die Welt zeigt sich mit jedem Wort klarer. Sogar beim Blindtext. Auch wenn es nur Blindtext ist. Also nichts, was zum Lesen erdacht worden wäre. Zum Vorlesen schon grad gar nicht. Und auch nicht zum Nachlesen.

 

Blindtext ist immer nur ein Füller. Einer ohne Inhalt. Nur ein Füller. Aber bestimmt kein Parker, kein Waterman, kein Faber Castell. Diese Schreibgeräte hinterlassen nämlich Spuren, von Blindtext bleibt nichts übrig. Mit etwas Glück bleibt eine Hoffnung. Auf das, was noch kommen könnte. Oder besser gesagt: Auf das, was bis jetzt noch nicht gekommen ist – und auch nie kommen wird. Weil wie gesagt: Blindtext.

 

Man stelle sich vor, auch die Politik würde nur Blindtext von sich geben.

Wohin würde denn das führen? Vermutlich genau dorthin, wo wir heute stehen: kurz vor dem Abgrund. Blindtext bleibt Blindtext. Da können Politikerinnen und Politiker sagen und schreiben, was sie wollen. Die haben eh nur eines vor Augen: die nächsten Wahlen. Für alles andere sind sie blind. Bei näherer Betrachtung zeigt sich ganz klar, was sie uns mitteilen: Blindtext von Blindgängern für Blindgänger. Worthülsen mit Schlagworten, sinnleere Kommunikation, nichtssagende Parolen.

 

Blindtext schon wieder als Basis? Ämänd auch noch für den Rest der Welt! Ha! Blindtext ist kein Fundament, Blindtext ist ein loser Haufen Worte, der jederzeit in sich und seine Leere zusammenfallen kann. Hilflos der Erosion des Nichtssagenden ausgesetzt. Bis das Nichts sich als Ganzes aufgelöst hat und kein Mensch mehr da ist, um sich daran zu erinnern. Tschüss Blindtext. Man sieht sich.

 

Sie sehen: Blindtext kann man betrachten, wie man will.

Eines jedoch ist sicher: Seine inneren Werte sind unschlagbar, und seine Form ist in jedem Fall einmalig. Er ist für alles zu haben, nie zu lang und nie zu kurz. Er bockt ncht, ziert sich nicht und füllt Zeile um Zeile mit leeren Worten. Das muss ihm erst mal ein anderer Text nachmachen!

 

Aber mit Abstand das Beste am Blindtext ist:

Man kann ihn einfach abschnei